Seit 14 Jahren leisten wir als Team von Schwarzen Menschen, People of Color und Menschen mit diasporischen Hintergründen außerhalb Europas unverzichtbare Arbeit für die Berliner Bildungslandschaft. Nach dem Grundsatz, dass Fachkräfte aus der Praxis für Fachkräfte Praxis arbeiten, ebenso wie nach dem betroffenenkontrollierten Ansatz setzen wir uns für intersektionale, diskriminierungskritische und machtkritische Bildung ein. Jährlich erreichen wir durch Workshops und Prozessbegleitungen bis zu 2.000 Menschen.

Nun steht unsere Arbeit erneut vor dem plötzlichen Aus: Mitten im Haushaltsjahr wird unsere Finanzierung durch die Senatsverwaltung für Bildung unter Leitung der Senatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) ersatzlos gestrichen – trotz der Tatsache, dass intersektionale und diskriminierungskritische Bildung in der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD als wichtiger Bestandteil der Berliner Bildungslandschaft verankert wurde. Uns bleiben vier Wochen!

Unser Unverständnis gegenüber der Entscheidung der Bildungssenatorin ist groß. Trotz wiederholter Bekenntnisse zur Bekämpfung von Diskriminierung und der Förderung von Vielfalt lässt die Koalition offenbar zu, dass essenzielle Bildungsprojekte wie unseres aus dem Bildungshaushalt gestrichen werden.

Dabei trifft diese Entscheidung zuallererst die zahlreichen Schulen, Fachschulen für soziale Berufe und Kooperationspartner_innen, mit denen wir über Jahre hinweg intensive Beziehungen aufgebaut haben. Mit einem Team aus 11 festen Mitarbeiter_innen und 15 weiteren freien Trainer_innen leisten wir Arbeit, die essenziell ist für angehende Erzieher_innen, Lehrkräfte und Schüler_innen.

Unsere Herangehensweise ist einzigartig: Wir vermitteln bereits in Fachschulen, die Erzieher_innen ausbilden, gezielt von Beginn an unsere intersektionalen und diskriminierungskritischen Ansätze. Gleichzeitig engagieren wir uns in Grundstrukturen der Berliner Lehrkräfteausbildung wie dem Schulpraktischen Seminar oder auch dem SIBuZ (Schulpsychologische und Inklusionspädagogische Beratungs- und Unterstützungszentren), um so dringend benötigte nachhaltige Veränderungen in der Bildungslandschaft zu bewirken.

Unsere Arbeit geht weit über Sensibilisierungsworkshops hinaus. Wir begleiten Schulen, mediieren in Konflikten, beraten Fachkräfte, unterstützen bei der Entwicklung von Gewaltschutzkonzepten, Beschwerdemanagement-Systemen, Verhaltenskodexe und Leitbildern und Maßnahmen zur Implementierung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Der ersatzlose Wegfall unserer Struktur hinterlässt eine große Lücke – für die Schulen, für die Fachkräfte und für die zahlreichen Communities, deren Interessen wir vertreten und vor allem Kinder und Jugendliche, die ein Recht auf diskminierungsfreie Bildung haben.

Wir vermitteln ergänzende Kompetenzen an Lehrkräfte, die erforderlich sind für die Umsetzung der Berliner Rahmenlehrpläne und in der Lehrkräfteausbildung meist nicht ausreichend vermittelt werden: insbesondere in den Bereichen Demokratiebildung, Inklusion, Diversität, Antidiskriminierung und Gewaltschutz. Diese Themen sind in den fächerübergreifenden Kompetenzbereichen und spezifischen Lehrplänen der sozialen Berufe verankert, doch es mangelt vielerorts an konkreter Umsetzung. Unsere Arbeit bietet genau diese notwendige Verknüpfung von Theorie und Praxis, indem wir Fachkräfte gezielt dabei unterstützen, diskriminierungskritische und machtsensible Perspektiven in ihre Arbeit zu integrieren. Die plötzliche Streichung unserer Finanzierung bedeutet einen massiven Rückschritt für eine zeitgemäße, diskriminierungskritische Bildung in Berlin.

Wir schließen durch unseren Ansatz Lücken in Berliner Bildungsprogrammen und Rahmenlehrplänen, indem wir alle Diskriminierungsformen mitdenken und Vielfalt als pädagogischen Auftrag begreifen. Unsere Arbeit ist weder verzichtbar noch austauschbar! Gerade in Zeiten des erstarkenden Rechtsextremismus und zunehmender Gewalt braucht es intersektionale, machtkritische und antidiskriminierende Bildungsarbeit dringender denn je.

Insgesamt erkennen wir in dem Vorgehen der Koalition über die letzten Jahre eine besorgniserregende Entwicklung: Denn wir sind nicht die einzigen, die in Berlin massive Kürzungen erfahren haben – zahlreiche Projekte aus dem Bereich der politischen und queeren Bildung sowie Antidiskriminierungsarbeit sind betroffen. Die strukturelle Unterstützung für diskriminierungskritische Bildungsarbeit wird gezielt existenziell geschwächt.

Wir sind empört und fordern Antworten: Warum hält es die Berliner Bildungsverwaltung nicht für relevant, dass Schulen aktiv gegen Diskriminierung, Gewalt und Machtmissbrauch arbeiten? Wie sollen die zahlreichen Schulen, mit denen wir aktuell in Kooperation stehen, diesen Wegfall kompensieren? Wer soll unsere Arbeit ersetzen?

Wir fordern die Senatsverwaltung für Bildung auf, ihre Entscheidung zu revidieren und endlich Verantwortung für diskriminierungskritische und intersektionale Bildung zu übernehmen!

Weiterführende Links:

Gemeinsame Stellungnahme gestrichener Projekte der Queeren Bildung: https://schwulenberatungberlin.de/post/21-02-2025-cdu-kahlschlag
Stellungnahme der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW): https://www.gew-berlin.de/aktuelles/detailseite/bildung-ist-unkuerzbar

Tagesspiegel-Bericht über die Kürzungen: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/erinnert-an-schlimmste-verhaltnisse-in-den-usa-entsetzen-uber-das-streichen-queerer-bildungsangebote-in-berlin-13245496.html